Stolpersteine für Familie Levy – Gegen das Vergessen
Mit einer würdevollen und bewegenden Veranstaltung gedachten Schüler, Lehrer und Gäste am 3. März 2015 der Familie Levy, die am 3. März 1943 nach Auschwitz deportiert und dort am 4. März 1943 umgebracht wurde.
Schüler der Klasse 10 a erinnerten an sie:
Herr Händschke erinnerte an die historische und aktuelle Bedeutung des Gedenkens.
Pfarrerin Gardei sprach ein Totengebet.
Schüler und Lehrer unserer Kooperationsschule OSZ Louise Schroeder sorgten für die musikalische Untermalung.
Das Projekt „Stolpersteine“ wurde vom Künstler Gunter Demnig ins Leben gerufen. Die Verlegung „unserer“ Stolpersteine übernahm in Vertretung Michael Rohrmann vom Evangelischen Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf. Einen besonderen Dank schulden wir dem Ehepaar B., das uns als jetzige Eigentümer des Hauses verständnisvoll unterstützt hat.
Wir danken allen Beteiligten und Spendern für die Unterstützung.
Die Rede
Wir sind hier zusammengekommen, um in Erinnerung an die Familie Levy ihrer zu gedenken und sie der Vergessenheit zu entreißen, denn sie hatten nicht die Chance, dass Enkel oder Kinder sich an sie erinnern.
Wir wissen leider nicht sehr viel über die Familie Levy, denn in den Archiven gibt es nur wenig über sie. An das, was wir herausgefunden haben, wollen wir hier erinnern.
Max Levy, der Vater, wurde am 1.12.1883 in Leipzig geboren. Sein Vater war wahrscheinlich der Pelz- und Lederhändler Max Levy, er war der einzige Levy in Leipzig zum Zeitpunkt der Geburt. Auch Max Levy in Berlin wurde später in den Adressbüchern als Fabrikant bzw. Kaufmann geführt. Er muss irgendwann vor oder während des 1. Weltkriegs nach Berlin gekommen sein und wird im Adressbuch von 1919 bei der Familie Adam in der Mommsenstraße in Charlottenburg genannt.
Seine Frau Erna Levy, geborene Adam, geboren am 6.11.1893, brachte 1919 die erste Tochter Ellen Sophie zur Welt. Im Jahr der Geburt der zweiten Tochter, Hella (6.12.1921), erwarb Erna Levy das Grundstück, vor dem wir hier stehen: Auf dem Grat 43.
Das Haus wurde nach Angaben der jetzigen Besitzer 1923 gebaut.
Nach dem Pogrom am 9. November 1938 mussten alle Juden ihren Immobilien-besitz veräußern. Das Grundstück wurde laut Grundbuchamt im April 1939 von Frau Erna Levy verkauft. Bis 1941 erscheinen Max und Erna Levy in den Adressbüchern unter dieser Adresse, 1942 nur noch Erna und ein Arzt. Es ist aber fraglich, ob sie während des Krieges noch genau geführt wurden.
In einer Volkszählung im Jahr 1939 fanden wir die ältere Tochter, Ellen, als Kindergärtnerin. Sie hat wahrscheinlich das Seminar für jüdische Kindergärtnerinnen und Hortnerinnen in der Wangenheimstraße besucht, über das es aber leider keine Unterlagen mehr gibt.
Die Töchter müssen 1926 und 1928 eingeschult worden sein. Wenn sie nicht, wie viele ihrer Zeitgenossinnen, später auf das Jüdische Gymnasium gingen, gehen wir davon aus, dass sie Schülerinnen der Gertraudenschule waren, denn dies war die ihnen nächst gelegene höhere Mädchenschule. Leider gibt es an beiden Schulen keine Unterlagen mehr aus dieser Zeit. Die Gertraudenschule ist unsere heutige Gail S. Halvorsen Schule, davor Alfred-Wegener-Schule.
In den Deportationslisten taucht dann die gesamte Familie wieder auf. Am 3. März 1943 werden Max, Erna, Ellen und Hella vom Bahnhof Moabit mit dem 33. Osttransport in Waggons mit 1.732 Menschen nach Auschwitz deportiert. Als letzte Adresse war Stuttgarter Platz 6 angegeben, wo die Familie aber nie gemeldet war. Wir konnten nicht herausfinden, ob dies ein so genanntes „Judenhaus“ war oder ob sie dort bei Bekannten unterkommen konnten. Sie kamen am 4. März in Auschwitz an.
In einem Fernschreiben beschwerte sich Arbeitseinsatzführer Schwarz beim SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt: „Wenn die Transporte aus Berlin weiter mit so vielen Frauen und Kindern nebst alten Juden anrollen, verspreche ich mir im Punkt Einsatz nicht viel. Buna braucht vor allen Dingen jüngere bzw. kräftige Gestalten.“
Nur 517 Männer und 200 Frauen dieses Transports wurden für arbeitsfähig befunden. In den Lagerlisten taucht die Familie nie auf.
Max, Erna, Hella und Ellen starben, weil sie Juden waren.
Wir gedenken ihrer und aller, die ausgegrenzt und verfolgt wurden, weil sie eine andere Religion hatten, einer anderen Nationalität angehörten oder eine andere Gesinnung hatten.
Das Schicksal der Familie Levy mahnt uns, aufmerksam zu sein gegenüber allen Ausgrenzungen, Verfolgungen und Erniedrigungen, die auch heute noch vorkommen.